Nun ist unsere kleine Thea schon wieder 8 Wochen alt, die Geburt liegt nun etwas hinter mir und auch unser Alltag pendelt sich schön langsam ein.
In den letzten Wochen habe ich sehr viel über die vergangenen Monate meiner Schwangerschaft und die Geburt nachgedacht.
Als ich schon vor meinem Kinderwunsch mit meiner guten Freundin über ihre Hausgeburt gesprochen habe, wusste ich, dass ich dich kennenlernen möchte, wenn es bei uns einmal so weit ist. Heuer im Frühjahr war es dann soweit, dass ich in der 18. Woche glücklich schwanger war und konnte es kaum erwarten dich mit dem angehenden Papa zu treffen. Natürlich haben wir das Thema Hausgeburt zu Hause schon öfter bedacht, doch wollten wir zuerst mit dir einmal in Ruhe darüber sprechen. Als wir dann bei dir saßen waren wir uns nach dieser Stunde beide sicher, dass wir zu Hause bleiben. Leider ist es ja nun mal so, dass ich mich sehr leicht von anderen verunsichern lasse und generell eher dazu neige es jedem recht machen zu wollen. So kam es, dass mir ein paar Mal gesagt wurde – natürlich von Menschen, die sich mit dem Thema noch nie wirklich auseinandergesetzt haben – dass es unverantwortlich ist etc. wenn man sein Kind nicht im Krankenhaus zur Welt bringt.
Und „zack“ – ich natürlich wieder komplett verunsichert. Doch jedes Mal, wenn ich mit dir darüber gesprochen habe, waren all die Zweifel innerhalb kurzer Zeit wieder verflogen. Als du in den letzten Wochen vor der Geburt immer deine Hausbesuche bei uns gemacht hast, war ich so froh und beruhigt, wenn ich mit dir meine Bedenken besprechen konnte und dich alles fragen konnte, was ich wissen wollte. Und eine Woche vor Geburtstermin war es sogar so, dass ich mich – neben den kleinen Sorgen, die man sich vor einer Geburt so macht – wirklich auf die Geburt freute.
Wie es im Leben manchmal so ist, kam natürlich alles anders als erwartet. Einen Tag vor Termin, als ich Flüssigkeit verlor, war ich noch der festen Überzeugung und voller Vorfreude, dass unser Kind zu Hause zur Welt kommt. Doch als ich dann am nächsten Tag vorsichtshalber ins Krankenhaus gefahren bin um zu schauen, ob es hoffentlich kein Fruchtwasser ist, hatte ich schon das komische Gefühl, dass ich mich leider nicht getäuscht habe.
Natürlich wusste ich von Anfang an, dass es auch bei einer geplanten Hausgeburt immer noch sein kann, dass man im Krankenhaus entbinden muss. Als dann aber der Fruchtwassertest positiv war und dass Wort „Einleiten“ fiel, ist meine Seifenblase mit der Vorstellung einer natürlichen, selbstbestimmten Geburt vor meinen Augen bildlich zerplatzt. Als nach zweimal Einleiten, PDA, Wehentropf, diversen anderen Mitteln die mir gespritzt wurden, die Herztöne des Babys absackten, und einem „beinahe Notkaiserschnitt“, nach drei Tagen unser Mädchen letztendlich mit der Saugglocke zur Welt kam und ich die halbe Belegschaft der Geburtenstation durch die ständigen Dienstwechsel schon kannte, war die Geburt zwar geschafft, doch war sie alles andere als das schönste Ereignis für mich.
Vielmehr ist eigentlich alles so gekommen, wie ich es nie wollte. Ich meine nicht das Einleiten und die medizinischen Schritte, die ja schon notwendig waren. Ich meine die Art und Weise, wie man in dieser Krisensituation von einigen Ärzten und Hebammen behandelt wird. Ich meine die Hilflosigkeit, wenn man mit tauben Beinen im Kreiszimmer liegt, alleine mit seinem Partner, da die Hebammen ja auch noch andere Frauen betreuen müssen.
Die Hilflosigkeit, wenn der Partner nebenan versucht zwei, drei Stunden Schlaf zu bekommen und währenddessen die Ärztin und die Hebamme im Kreis laufen, die Knöpfe für den Not-OP drücken, einem irgendwelche Mittel in die Leitung spritzen, weil die Herztöne vom Kind absacken und einem nach fünfmal fragen – ja fast schon betteln – was denn los ist keine Antwort gegeben wird und man schon dass Schlimmste befürchtet. Natürlich könnte ich noch zwei Seiten darüber schreiben, was im Krankenhaus alles nicht so gelaufen ist, wie es sollte, aber das schreibe ich dann an die E-Mail Adresse des Krankenhauses.
Als ich mich dann mit meinem Kind am zweiten Tag selbst entlassen habe und dich angerufen habe, ob du zur Nachbetreuung kommst, war dass die beste Entscheidung, die ich getroffen habe. Denn zuhause ging es mir so viel besser. Ich bin immer noch so froh, dass du danach bei uns warst und mir damit so sehr geholfen hast. Mit der kleinen Thea, aber auch damit umzugehen, dass die Geburt nun mal so gelaufen ist und man es nicht mehr ändern kann. In den ersten Wochen war es so schlimm für mich, dass ich mich fast nicht über meine Tochter freuen konnte, weil ich so traurig war über die Dinge die mir bei der Geburt passiert sind. Doch du hast mir jedes Mal, wenn du da warst klargemacht was eigentlich wichtig ist: Das Baby ist gesund, es geht ihm gut, der Mama geht es auch gut, und – ich habe mich durchgesetzt und natürlich geboren!
Jetzt nach den ersten 8 Wochen geht es mir wirklich wieder gut und ich denke so oft zurück an deine Worte. Ich bin wirklich so dankbar, dass du für uns da warst. Eines überlege ich mir seit dem Tag der Geburt immer wieder – und vielleicht war es deshalb auch notwendig, dass es so gekommen ist: Ich habe zwar jetzt allen die gegen eine Hausgeburt sind unbewusst alles Recht gemacht – doch ist es mir dabei nicht gut gegangen.
Und seit diesem Tag habe ich angefangen einmal umzudenken. Dass es der komplett falsche Weg ist, es jedem recht machen zu wollen, wenn es mir selbst dabei schlecht geht. Es wird zwar ohne Zweifel ein langer Lernprozess, dass auch irgendwann umzusetzen, aber zumindest will ich so an mir arbeiten, dass ich dich vielleicht in ein/zwei Jahren anrufen und zu dir sagen kann:
„Elisabeth, bitte trag dir den Termin für die Hausgeburt unseres zweiten Kindes ein, und es ist mir herzlich egal, was die anderen darüber denken bzw. sagen, denn wir haben eine kompetente, wundervolle Hebamme und es kann uns nichts Besseres passieren als unser zweites Kind zu Hause zur Welt bringen zu können.“
Elisabeth, vielen Dank für deine Unterstützung, für deine lieben oft auch direkten Worte in den vergangenen Monaten.
Ich hoffe sehr, dass wir irgendwann doch noch einmal das Glück haben, Theas Geschwisterchen im kleinen Rahmen mit dir zur Welt zu bringen.